Weisst du warum die Kreuze in Cusco Kleider tragen?
Und was das mit dem Sternbild Kreuz des Südens zu tun hat?
Hier erhältst du Antworten!
Für unsere Augen eher ungewohnt, aber ja tatsächlich tragen fast alle Kreuze hier in Cusco bunte Gewänder und das hat seine ganz eigene Tradition namens „Cruzvelacuy“.
Cruzvelacuy – die Mischung zweier Kulturen
Cruz velacuy ist eine Wortneuschöpfung aus dem spanischen und quechua und bedeutet so viel wie „neben dem Kreuz die Nacht durchwachen“ und wird seit vielen Generationen in Cusco und Umgebung jedes Jahr zwischen dem 2. und 3. Mai zelebriert.
Ein wichtiger Bestandteil dieser Tradition ist das alljährliche Kleiderwechseln der Kreuze!
Das Kreuz als ein typisches Symbol der katholischen Kirche findet man meist dort, wo in der Inkazeit heilige Stätten (huacas) waren und der Überbau mit dem Kreuz sollte im Rahmen der Christianisierung und Kolonialisierung deutlich machen wer im ehemaligen Inkareich von nun das Sagen hatte.
Und doch werden genau diese Kreuze heute von der peruanischen Bevölkerung verehrt!
Das klingt vielleicht im ersten Moment unlogisch und ist doch so typisch für dieses Land voller kultureller Vielfalt – Ethnologen sprechen dabei von Synkretismus und meinen damit das Verschmelzen zweier Glaubenssätze zu einem neuen Weltbild. Dabei stehen sich katholischer Glaube und andine Glaubensvorstellungen nicht mehr widersprüchlich gegenüber, sondern koexistieren miteinander und entwickeln ihre neue ganz eigene Logik.
Das Kreuz des Südens findet seine irdische Entsprechung
Auch in den Anden gab es vor der spanischen Invasion ein Kreuz, das von den Inkas verehrt wurde: Nur hiess es chacana und repräsentiert kein Kreuz im katholischen Sinne, sondern stand für das Aufeinandertreffen von 2 Prinzipien und die Vereinigung der Beidem zu einer neuen Einheit – wir Europäer kennen es unter dem Namen Kreuz des Südens und es ist nur auf der Südhalbkugel am nächtlichen Sternenhimmel zu erkennen!
Der Mai ist traditionell der Monat in dem in den Anden die ersten Ernten des Jahres anstehen und das wiederum steht in enger Verbindung mit der Beobachtung der Sternenkonstellation Kreuz des Südens.
Wahrscheinlich haben die christlichen Missionare diese Tradition aufgegriffen und ihr die katholische Symbolik übergestülpt, denn auch während der Kolonialzeit hat man Anfang Mai schon gefeiert – nur wohl jeder mit einer anderen Interpretation der Festlichkeiten!
Über die Jahrhunderte hat sich daraus cruzvelacuy entwickelt!
Warum werden den Kreuzen Kleider angezogen?
Textilien waren in der Inkazeit ein wertvolles Geschenk und ihre Anfertigung verlangte handwerkliches und künstlerisches Können sowie eine Menge Erfahrung. Bis heute wird die Webkunst in vielen Dörfern in der Region Cusco lebendig gehalten und vom Spinnen und Weben bis hin zur Färbung mit natürlichen Farbstoffen ist alles reine Handarbeit!
Da es im Inkareich keine Geldwirtschaft gab, spielte der Tauschhandel eine große Rolle und der Inkakönig selbst schenkte den lokalen Autoritäten der neu eroberten Gebiete die feinsten Gewänder. Mit der Annahme des Geschenkes verpflichteten sich diese ihrerseits zu einem Gegengeschenk, das in diesem Falle die Akzeptanz der neuen Inkaherrscher war.
Dieses System der Reziprozität war typisch für die Inkakultur und lebt in den Menschen der Anden bis heute weiter!
Goldbestickte Seidentücher oder traditionell gewebte Textilien – für das Kreuz nur das Beste!
In Cusco gibt es eigene Schneidereien, die sich auf die Anfertigung von Stickereien spezialisiert haben und Kunstwerke aus goldenen und silbernen Fäden schaffen, die die Gewänder zieren. Teilweise sieht man aber auch noch die traditionellen Webtücher, die im quechua Liqllias heissen.
Ob nun das aus Spanien beeinflusste bestickte Seidentuch oder die traditionelle Webarbeit der Inka, beide Textilien stehen für eine wertvolle und aufwändige Arbeit und um solche Werke heutzutage kaufen zu können, braucht es einen gefüllten Geldbeutel!
Aber das hält kaum jemanden ab, denn schließlich ist es eine Ehre und eine Genugtuung etwas geben zu können und wer weiß vielleicht bekommt man ja auch etwas im Gegenzug zurück! Damit ganz klar ist, wer das Geschenk gespendet hat, steht manchmal auch der Familienname golden eingestickt mit auf dem Tuch!
Die Kreuze in Gewänder zu hüllen ist also ein Zeichen von Respekt und Ehrerbietung und oft wird das Tuch nur ein einziges Jahr genutzt – Wind und Wetter und die gleißende Andensonne setzen dem Stoff oft ziemlich zu, doch solch ein benutztes Gewand wird sorgsam in so manchem Haushalt gut gehütet!
Mayordomos – Die Organisatoren der Festlichkeiten rund ums cruzvelacuy
Mayordomos werden die Spender der Gewänder genannt und sie planen und organisieren die Festlichkeiten, zu der meist Freunde und Verwandte eingeladen werden.
Cruzvelacuy wird sowohl an großen festverankerten Kreuzen als auch mit kleineren transportablen Kreuzen gefeiert. Je nachdem finden die Feierlichkeiten dann im Haus des Mayordomos oder eben unter freiem Himmel zu Füssen des Kreuzes statt. So oder so, wir wären nicht in Peru wenn dazu nicht Musik, Tanz und Speis und Trank gehören würden!
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